Blogsearch

Egosurf

qrcode

Umschulung Airbus 340: Tage 11+12

January 14th, 2011 by G!

Den letzten Beitrag zu den Tagen 9-10 habe ich  einen Tag “zu spät” veröffentlicht, weil ich mir den Abend nach dem Skilltest frei gönnte. Darum folgt bereits heute (am Tag 12 des CCQ), der nächste und aktuelle Beitrag.

Der Umschulungskurs begann mit der Grundlage des neuen Flugzeugtyps, den technischen Systemen. Danach kam der mittlere und anstrengendste Teil mit den Simulatorübungen, die durch den Skilltest abgeschlossen wurden. Tag 11, oder Tag 1 nach dem Simulatorcheck war “frei“. Ich durfte ihn zur … Überraschung … Vorbereitung brauchen. Was jetzt noch fehlte, war der operationelle Teil, der am Tag 12 mit dem Route Operation Course behandelt wurde. Bei diesem Ausbildungstag geht es, wie der Name schon verrät, um die operationellen Besonderheiten, die das neue Flugzeug und die neuen Destinationen mit sich bringen.

Planung
Wie so oft als Pilot, beginnt alles mit den rechtlichen Grundlagen. Da der Airbus 340 im Hinblick auf die Triebwerke wenigstens anzahlmässig (die Triebwerksleistung dürfte besser sein) sehr komfortabel ausgerüstet ist, sind auch die Planungsanforderungen komfortabler als bei zweimotorigen Langstreckenjets. Das bedeutet zB., dass die benötigten Wettermindestwerte bei Flughäfen unterwegs schlechter oder aber die Distanzen zwischen den Flughäfen grösser sein dürfen. Im Normalfall ist damit die Planung zumindest im Hinblick auf die legalen Voraussetzungen einfacher als bei Flügen mit dem Airbus 330, weil man viel mehr planerische Freiheiten und Möglichkeiten hat.

Wetter
Durch das vergrösserte Einsatzgebiet gibt es aber viele “neue” Wetterphänomene die man auf dem A330 Streckennetz gar nicht oder meistens nur am Rande antrifft (Ausnahme: Blizzards), zB.:

Hinzu kommen örtliche, sehr anspruchsvolle Wetterphänomene an den Flughäfen (zB. Winde in HKG, schlechte Sicht in GRU).

Gelände
Ausser in den Alpen ist das Terrain auf unserem A330-Einsatzgebiet vorwiegend in der Region Iran (BOM, zT. DXB), Afghanistan (DEL) und Kenia (NBO) kritisch. Auf dem A340 Streckennetz kommen die Rocky Mountains (LAX, SFO), China (Far East Destinationen) und Grönland (!) (SFO, LAX) dazu. Diese Routen verlangen operationell eine gute Vorbereitung, da sie über lange Strecken durch Gebiete mit sehr hohen Bergen führen. Es gilt mögliche Szenarien (einfacher oder doppelter Triebwerksausfall, Dekompression), bei den man zwingend absinken muss, abzudecken.

Ein weiterer Punkt ist die Lage der Flughäfen. Johannesburg liegt mit 5558 Fuss nur rund 80m unter St. Moritz (Nairobi ca. 180m unterhalb!). Diese sehr dünne Luft, die sehr oft relativ warm ist, hat natürlich Einfluss auf die Triebwerksleistung, was wiederum Einfluss auf das maximale Startgewicht haben kann.

Flughäfen
Mit Narita (NRT), Shanghai (PVG), Los Angeles (LAX), San Francisco (SFO), Boston (BOS), Johannesburg (JNB) usw. werden grosse internationale Flughäfen mit vielen Spezialitäten angeflogen.

All diese und viele andere Faktoren führen dazu, dass die auf den ersten Blick legal “einfache” Planung, sehr schnell sehr anspruchsvoll wird. Das gilt natürlich nicht nur für die Planung (beim Briefing am grünen Tisch), sondern auch und erst recht, im operationellen Umfeld, wenn wir in der  in der Luft sind. Wir müssen diese Faktoren kennen, deren (mögliche) Einflüsse auf die Operation beurteilen und die richtigen Konsequenzen für einen sicheren, möglichst wirtschaftlichen und komfortablen Flug ableiten. Last but not least muss das Unternehmen Flug durchgeführt werden. Nach vier oder mehr durchgearbeiteten Nächten pro Monat, diversen schlaflosen Nächten wegen des Jetlags (Tokio +8 Stunden, LAX/SFO -9 Stunden Zeitverschiebung) muss auch bei schlechtesten Verhältnissen nach einem mehr als 10 stündigen Flug sicher angeflogen und gelandet werden.

Dafür werden wir bezahlt, das ist unser tägliches Brot.

Ausblick
Wie bereits nach dem Umschulungskurs auf den Airbus 330 habe ich auch diesmal das Glück (zum Ersten), dass wir ein Landetraining mit einem Flieger absolvieren können. Können, weil dies gesetzlich nicht nötig wäre. Dafür benötigt es nicht nur mehrere A340-Fluglehrer (nicht jeder Instruktor ist auch ein Fluglehrer, das ist eine eigene Kategorie), Mechaniker und einen Flughafen, sondern auch einen Airbus 340-300.  Da Swiss bekanntlich ein hochoptimiertes Netzwerk hat und ihre Flugzeuge nicht rumstehen lässt, ist es nicht einfach, einen A340  für einen ganzen Tag aus dem Netzwerk herauszulösen. Darum haben wir Glück (zum Zweiten), weil uns dies nämlich ganze sechs Tage frei genereriert. Ohne das Flugtraining dürfen wir nämlich noch nicht A340 fliegen und einen A330 dürfen wir bis zum Ausbildungsabschluss auch nicht anfassen. Einige Tage werden sicher dafür benötigt, all das, was während des CCQ liegen geblieben ist, zu erledigen. Dann müssen die bevorstehenden Flüge vorbereitet werden und selbstverständlich werde ich mir auch noch richtige Freitage (die den Namen verdient habe) gönnen, denn davon hatte ich seit dem 3. Januar keinen mehr!

14 people like this post.

Posted in in the air, master warning, on the ground, technique matters | 3 Comments »

Umschulung Airbus 340: Tage 5-8

January 10th, 2011 by G!

Tag 7 (Teil I)

Die Strassen sind leer, im Osten geht die Sonne in einer kitschigen Stimmung auf und kündigt den neuen Tag an.  Einige Junge torkeln auf dem Trottoir mit dem Restalkoholgehalt einer durchzechten Nacht nachhause. Ein gewöhnlicher Sonntagmorgen um 0730 Uhr. Für andere vielleicht.

Rückblende: Tage 5+6

Als ich am Morgen nach der Überdosis Physik vom Wecker aufgeweckt wurde, überlegte ich mir wieder kopfschmerzenfrei, was heute auf dem Programm steht. Frei, also shoppen, skifahren oder gemütlich brunchen? Nicht wirklich, denn wie so oft im Pilotenleben, wenn frei draufsteht, aber nicht drin ist, gabs viel zu tun. Die technische Prüfung hinter mir und den Kopf noch voller Faktoren, die darüber entscheiden, ob 275 Tonnen fliegen oder nicht, gings daran, das theoretisch gelesene gelernte in die Praxis umzusetzen. Nur noch zwei Tage bis zum ersten Einsatz im Simulator. Wiederum mögen zwei Freitage nach vier Tagen Kurs dem einen oder anderen Manager Leser sehr viel vorkommen. Von “wow, zwei Tage frei!” gelangt man mit einem Blick darauf, was es in diesen zwei Tagen vorzubereiten gibt bzw. was nach diesen zwei Tagen verlangt wird, sehr schnell zu einem “wie soll ich das in zwei Tagen alles vorbereiten können?”. Auch hier gilt wiederum: hätte ich heute zum ersten Mal ein Buch ein PDF geöffnet, wäre der Flieger im Simulator wieder am Boden, bevor ich nur begriffen hätte, dass wir schon fliegen!

Eine Vorraussetzung beim Betreten des Simulators ist, dass die SOPs, die Standard Operating Procedures des neuen Flugzeuges bereits sitzen. Dazu gehören die Checklistenpunkte und ganz generell, “was wann wie gemacht/geflogen werden muss”. Während im täglichen Einsatz vorwiegend die “Normal Ops” Procedure gefragt sind, müssen für den Simulator natürlich neben diesen insbesondere die “Abnormals” vertieft gelernt werden. Dies nicht nur operationell (wie fliegt man mit dem Problem X?), sondern auch und vor allem technisch. Was passiert, wenn wir System X verlieren? Welche Systeme habe ich nach einem Triebwerksausfall (Engine Failure) noch? Gibt es einen Unterschied zum Triebwerksfeuer (Engine Fire)? Welche Werte und Limitationen gelten für einen Anflug mit einem Triebwerk weniger? Darf ich mit einem Triebwerksausfall den Anflug auf die Art X fliegen? Gibt es Einschränkungen? …  Das natürlich nicht nur im Hinblick auf den Triebwerksausfall, sondern mit sämtlichen Systemen und insbesondere bei “double failures”, doppelten Systemausfällen. Hinzu kommt, diese Punkte operationell auf den Flugplatz, auf dem die Übung stattfindet, zu übertragen. Immerhin ist es in der ersten Session Zürich, unsere Homebase, bei der wir das Gelände und die An- und Abflugverfahren kennen. Es müssen nur noch einige A340-Spezialitäten vertieft werden.

Immer mit dabei sind die “by heart” items, die Punkte/Procedures, die wir immer drillmässig auswendig kennen und können müssen. Da wir diese natürlich schon in der täglichen Operation können müssen (aber hoffentlich nie brauchen), benötigt das nicht viel Zeit, da sie bei uns bis auf wenige Ausnahmen vereinheitlicht wurden (danke, Airbus!). Dann gehts an die sogenannten “Briefing Topics”, das sind Themen, die im Briefing besprochen und/oder im Simulator behandelt werden.

Wenn man das alles “im Kopf” hat, hilft es, wenn man mögliche Szenarien (dazu gehört immer der Engine Failure) gedanklich mehrmals durchspielt um den Ablauf und die Manipulationen “im Schlaf” zu können. Dies im Wissen, dass man im Simulator immer maximal nur halb so schlau und schnell ist, wie auf dem Boden…

Tag 7 (Teil II)

Um 0800 Uhr beginnt unser Briefing. Innerhalb von zwei Stunden bespricht der Instruktor einige zentrale Punkte. Diese können Flight Prodedures und/oder technische Systemen betreffen. Dazu kommen “hints und tips” aus seiner Erfahrung als Instruktor, Fluglehrer und Pilot auf dem A340. Gespickt wird das ganze natürlich mit Fragen an uns. Knapp zwei Stundenspäter  ist das Briefing beendet. Nach einer kurzen Pause zur Verpflegung (Mittagspause? Fehlanzeige!) stehen wir pünktlich um 1000 Uhr, dem Beginn unseres Zeitfensters, vor dem Simulator, den unsere Kurskollegen gerade verlassen. Dann gehts zum ersten Mal in den A340 Simulator. Genaugenommen ist es nicht zum ersten Mal, denn der A340-Simulator ist derselbe wie derjenige für den A330. Je nach benötigter Konfiguration werden einige Panels ausgewechselt und die andere Software gestartet. Ziemlich beeindruckend!

Nach der Cockpit Preparation und dem Programmieren des Flight Management Systems nach den Vorgaben des Instruktors arbeiten wir wie gewohnt die Checkliste ab. Was bei welchem Punkt gemacht werden muss (sog. Expanded Checklist), muss jetzt natürlich bereits sitzen. Das Programm, durch welches uns der Instruktor vom dritten Sitz hinter unseren Sitzen führt, gibt vor, welches Crewmember wann fliegt und was mit welchen Fehlern zu fliegen ist. Diese Programme müssen vom Bundesamt bewilligt werden und den Vorgaben der Behörden und des Flugzeugherstellers entsprechen. Einige Minuten später startet mein Kollege zum ersten Mal einen A340, mit maximalem Startgewicht versteht sich, auf der Piste 16 in Zürich. Es fliegt, für einmal sogar ohne technische Defekte! Schliesslich muss auch einmal das neue Flugzeug mit seinen 275 Tonnen gefühlt werden. Dann gehen die Probleme aber los und nach dem Ablassen des Treibstoffes fliegen wir einen ersten Anflug in Zürich. Dass es nicht zur Landung kommt, wir durchstarten müssen und ein Triebwerk explodiert, ist schon fast erwartet.

In der Folge werden wir insgesamt vier Stunden, unterbrochen durch eine kurze Pinkelpause, durch den Luftraum des virtuellen, auf Google Maps basierten Zürich gejagt. Ausser einem Start und einer Landung einem Anflug wird uns keine “normal Operation” (mit sämtlichen Systemen) gegönnt. Um 1400 Uhr ist Schluss, denn die nächsten Kollegen unseres Kurses wollen auch Hand anlegen und mein T-Shirt ist wiedereinmal nass.

Nach einer kurzen Pause gehts ans Debriefing, für welches eine weitere Stunde vorgesehen ist. Es geht darum, die Leistung im Simulator revue passieren zu lassen, zu beurteilen ob die Ziele erfüllt wurden, hervorzuheben was gut war und was besser gemacht werden muss.

Um 1500 Uhr ist Feierabend. Der Kopf ist voll. Zuhause angekommen werfe ich alles hin und lege mich aufs Sofa. Erst einmal relaxen. Schön, um 1500 Uhr mit der Arbeit fertig zu sein? Schön … wäre es. Es geht wieder von vorne los, denn am nächsten Tag findet um dieselbe Zeit die nächste Übung statt.

Mit anderen Themen und auf einem neuen Flugplatz. Und das muss vorbereitet sein.

Tag 8

Neuer Tag, neues T-Shirt, dieselbe Zeit, derselbe Raum, dieselben Crewmember, derselbe Instruktor, derselbe Ablauf wie am Tag 7. Die Briefing Topics (und Fragen…) welchseln, so auch das Programm und die defekten Systeme im Simulator. Nach der Simulatorsession wieder Debriefing, dann folgt der Papierkrieg. Der Instruktor füllt uns unsere Qualifikation aus uns schreibt uns offziell “fit” für den Skilltest.

Um 1500 Uhr ist wieder Feierabend. Wir haben in zwei Tagen und acht Stunden Simulator enorm viel gelernt und wissen, was wir beim nächsten Mal besser machen möchten. Diese zwei Simulatorsessions haben uns die Unterschiede zwischen Airbus 330 (den wir schon kennen) und dem für uns neuen Airbus 340 praktisch näher gebracht. Wir haben den A340 mit einem und zwei (!) defekten Triebwerken geflogen, sind mit massivem “Übergewicht” (sog. “Overweight Landing”) und nahezu ohne Strom, nur mit zwei Bildschirmen (und wenigen anderen Systemen, die noch Strom hatten) gelandet und vieles mehr …

Das Lernen geht weiter, denn in zwei Tagen gehts wieder in den Simulator, zum offiziellen Check…

15 people like this post.

Posted in in the air, master warning, on the ground, technique matters | 9 Comments »

Umschulung Airbus 340: Tag 4

January 6th, 2011 by G!

Wer sich bei seinem letzten Flug nur dafür interessiert hat, wie die hübsche Flight Attendant heisst, die für seine Sicherheit verantwortlich ist (und nebenbei noch das Essen serviert) oder ob man auf einen neunstündigen Flug zehn Minuten verspätet ist, braucht nicht mehr weiterlesen. Wer sich aber gefragt hat, was es braucht, damit eine Metallröhre mit über 200 Personen, x-Tonnen Gepäck und noch mehr Treibstoff in den Flügeln von 0 auf knapp 300 km/h beschleunigt wird, um zu fliegen, der soll weiterlesen.

60.3 Meter Spannweite.
4 Triebwerke.
34’000 Pfund Schub pro Triebwerk.
275 Tonnen maximales Startgewicht.
12 Räder, davon 8 mit Hochleistungsbremsen.

Das sind einige der Zutaten, die eine Aluminiumröhre zu einem Flugzeug machen. Darum ging es heute während mehreren Stunden. Performance nennt sich das. Tönt einfach, ist es aber nicht.

Nach einer sehr knappen Begrüssung verteilt uns der Instruktor das Willkommensgeschenk. Den Test, den wir (wiederum von Gesetzes wegen) absolvieren und bestehen müssen. Das frühmorgens um 0815 Uhr und nach erst einem Kaffee! Kühe und Schweine fallen unter das Tierschutzgesetz. Wer schützt uns? Dem Bundesamt ist zu verdanken, dass wir dazu Papiertabellen verwenden müssen, die wir zum grössten Teil in der täglichen Operation längst nicht mehr brauchen (dazu habe ich 2007 geschrieben, wo es auch einen Link zu den Payrusrollen Tabellen hat). Es dauert seine Zeit, bis ich und meine Leidensgenossen uns wieder an das Layout und die Zahlenreihen gewohnt haben und die Zahlen finden, die wir benötigen. Ob es wegen des Schocks, der (für Langstreckenpiloten) frühen Stunde, des Kaffeemangels oder der menschlichen Vergesslichkeit ist, sei dahingestellt.

Nach über einer Stunde Zahlen suchen, interpolieren, addieren und subtrahieren und Tabellen lesen ist auch dieser Spuk vorbei. Dass war unsere Performance. Dann geht es aber erst los, denn es folgte seine Performance. Wenn man einen ETH-Doktor der Physik 7 Stunden lang auf 12 Piloten los lässt, dann gibt es nur ein Ergebnis: K.O. – Kapazitäts-Overflow! Wie heisst es so schön? Wenn man in einem Körperteil Schmerzen verspürt, dann lebt es noch. Immerhin. Dann haben meine Kopfschmerzen immerhin etwas gutes.

Da ich keine Kapazität mehr habe, verweise ich auf einen Performance-Beitrag von Kollege Skypointer, den er hier geschrieben hat.

Ich wünsche gute Performance Nacht!

8 people like this post.

Posted in in the air, technique matters | 3 Comments »

« Previous Entries