Blogsearch

Egosurf

qrcode

TOI? TOI! TOI?!(Reserve Teil 3 und 4)

August 3rd, 2011 by G!

Mein Reservemonat hat die Hälfte überschritten. Nach den beschriebenen Einsätzen nach JFK und MIA folgte ein Flug nach YUL, wo ich schon seit mehr als einenhalb Jahren nicht mehr war. Für mich als Nordamerika- und Nordatlantikliebhaber lief’s also wie geschmiert. Allerdings hat alles Vor- und Nachteile. Der Flug nach Montreal war nämlich mein fünfter (!) Nordatlantikflug in Serie. MIA – JFK – JFK  – MIA – YUL in ganz genau 28 Kalendertagen. Wer auch nur ein klein wenig Ahnung von Jetlag und Bodytime hat, kann sich vorstellen, wie sich das an fühlt. Eine enorme Belastung für den Körper, der ständig irgendwo über dem Nordatlantik schwebt aber nie genau dort, wo man physisch ist. Schlafmarathons in meinen Freitagen waren die Folge – bis zu 16 Stunden am Stück! Vielleicht erklärt das dem einen oder anderen, warum wir auf den ersten Blick jeweils “viele” Freitage haben und benötigen. Darum wäre ich froh gewesen, wenn ich zur “Neutralisation” bzw. damit mein Körper dort war, wo ich war, Standbytage ohne Einsätze oder einen Flug mit wenig Zeitverschiebung zB. nach DXB/MCT, NBO/DAR, TLV oder CAI bekommen hätte. “Hätte”, denn bereits am Tag nach der Rückkehr aus YUL hatte ich bereits einen Einsatz im System: BOM. Ein halber Supergau, nach 5-Westflügen ein Flug nach Osten mit plus dreieinhalb Stunden Zeitverschiebung. Nur Far East wäre noch schlimmer gewesen… Mein Reservemonat dauert ja noch..

Während in Miami Hurricane Season herrscht, ist in Mumbai Monsun-Hochsaison. Ich bin sicher nicht der Einzige, der ein Muster für Einsätze aus der Reserve erkennen kann… Wetterbedingt verlief die Planung nach BOM also in etwa vergleichbar mit der nach Miami: suchen nach alternativen Landemöglichkeiten, die nicht oder nicht zu selben Zeit vom Monsun betroffen sind. Im Ergebnis – auch das wie beim Flug nach MIA – resultieren dann entsprechend hohe Treibstoffmengen, die man mitnehmen muss um diese Naturgewalten aus”fliegen” zu können.  Nach dem Studium des Wetters offenbahrte sich aber ein weiterer Stein im Planungsweg: Das Dokument, das der Juristenbefriedigung Auflistung der operationellen Zustände der Flugplätze und des Flugzeuges dient. Bei uns nennt sich dies “TOI”, was eigentlich für “Transitory Operations Information” steht, aber in diesem Fall wohl eher für Times Of India, dazu aber gleich.

In diesem Dokument wird jeder für die Planung notwendige Flughafen aufgeführt und sämtliche (mehr oder weniger) operationell relevanten Informationen aufgelistet, die noch nicht in die offiziellen Dokumentationen übernommen wurden. Einige dieser Informationen sind für uns enorm wichtig (Pistenschliessungen, Pistenkürzungen, Anflugeinschränkungen, defekte Anflughilfen, Fehler auf offiziellen Karten usw.), andere weniger wichtig (Frequenzen; sie werden uns gesagt) und dann gibt es noch solche, die für uns nahezu irrelevant sind (Rollwegschliessungen bei Terminals wo wir nicht stehen, gewisse Markierungen und Lichter, verschiedene Einträge mit denselben Konsequenzen, zeitlich nicht zutreffende Einträge usw.). Sie müssen uns aber mitgeteilt werden, damit den (nicht fliegenden) Juristen genüge getan wird.  Das Problem ist nun, innert nützlicher Frist bei einem Eintrag zu erkennen, in welche der genannten Kategorien er gehört. Auf der Langstrecke werden diese Infos zwar von unserem Flightdispatch angeschaut, aber da Menschen Fehler machen, sechs Augen mehr als zwei sehen, weil Dispatcher keine Piloten sind und weil wir es sind, die im Flugzeug sitzen und letzten Endes verantwortlich sind, müssen wir diese Infos filtern und die sich daraus für die Planung ergebenden Konsequenzen überlegen.

Zurück zur Planung nach BOM. Nach dem Wetter nehme ich mir als Pilot Flying die sprichwörtilche Times Of India zur Brust. Mein Blick fällt auf die Seitenzahl: 1/20. Ein erstes Stöhnen, aber das will noch nichts heissen, denn auch diese hohe Seitenzahl kann durchaus schnell abgearbeitet sein. Der Reihe nach und sehr speditiv kann ich Zürich und die Flughäfen auf dem Weg nach Indien abarbeiten. Keine grossen Probleme. Auf Seite sieben oberhalb der Mitte fängt der Eintrag für BOM an und die ersten acht Einträge sind schnell markiert und können im Flug genauer betrachtet werden. Auf Seite acht der Schock: nochmal eine ganze Seite Einträge. Weitere elf Einträge und einige Minuten später ist auch die Seite acht markiert und verarbeitet. Mit einem Seufzer der Erleichterung blättere ich um, denn nach über eineinhalb Seiten kann es nicht mehr viel Einträge zu BOM haben. Falsch, denn Seite neun ist ebenfalls voller Einträge für BOM! So etwas hab ich noch nie gesehen. Weitere dreizehn (!) Einträge. Mein Kollege und ich schauen uns fragend an und überprüfen auf den vorigen Seiten, ob wir vielleicht den Wechsel zu einem anderen Flughafen übersehen haben, auch das kann passieren. Nichts, es handelt sich immer noch um Einträge von BOM, dich ich Stück um Stück abarbeite. Ein weiterer Blick auf die Uhr und ein Haken am letzten Eintrag und ein hoffnungsvoller Blick zum Kollegen, als ich die Seite umblättere. Das kann nicht sein: noch einmal nahezu eine ganze Seite Einträge. Am Ende enthält der Flughafen BOM ganze dreiundvierzig Einträge! Das ist Rekord. Ich bin aber erst in der Hälfte des ganzen TOI angekommen, es fehlen weitere zehn Seiten und dabei sind sämtliche Ausweichflughäfen!!! Bei Monsun ist die Chance, dass man ausweichen muss, natürlich höher als bei schönem Wetter, weshalb auch die Ausweichflughäfen sehr genau durchgegangen werden müssen, erst recht in Indien. Also kämpfe ich mich durch die anderen indischen Flughäfen mit weiteren, total zweiundsiebzig Einträgen! Als wir die Planunung abgeschlossen und den Treibstoffentscheid getroffen haben, sind wir bereits hinter unserem Zeitplan. Aber die umsichtige Planung geht vor.

Die Planungsverspätung haben wir am Boden natürlich aufgeholt und der Flug nach BOM verlief wie gewünscht ereignislos. Gefühlt die Hälfte der Flugzeit verbrachte ich damit, die dreiundvierzig Einträge erneut genau zu studieren und die für uns relevanten Punkte zu merken und die Rollwege und Baustellen auf den Karten zu suchen. Das Problem war, dass ich so früh damit anfangen musste, dass es noch dafür reicht, aber so spät, dass ich am Ende noch nicht vergessen hatte, was ich am Anfang gestanden hat. Als wir in die Region BOM einfliegen, sehen wir die erwarteten und vorhergesagten Monsun-Gewitterzellen, die wir aber umfliegen können. Am Ende haben wir das Glück, dass während unseres Anfluges die permanent schlechte Vorhersage nicht ganz in diesem Mass eingetroffen ist. Dann wäre es gut möglich gewesen, dass es mit der Landung nicht geklappt hätte. Dennoch, es regnet praktisch den ganzen Aufenthalt und das wiederum in einer Intensität, wie sie bei uns, wenn überhaupt, nur für wenige Minuten vorkommt.

Apropos Planung: Man kann auch mit einer umsichtigen Planung nie alle Eventualitäten abdecken, denn in der Fliegerei gibt es wie immer im Leben, keine 100%-ige Sicherheit. Und wer hätte schon gedacht, dass sexhungrige Schildkröten meinen Lieblingsflughafen JFK in die Knie zwingen könnten?!?! :-D: CNN – Mating turtles shut down runway at JFK.

16 people like this post.

Posted in in the air, on the ground | 7 Comments »

Südafrika – Ostafrika – Transafrica!

June 28th, 2010 by G!

Südafrika ist ja derzeit in aller Munde und TV. Die FIFA Fussball Weltmeisterschaft 2010 beginnt erst jetzt richtig, wo die Spreu vom Weizen getrennt wurde.
Fazit 1: Leider wissen wir Schweizer, dass wir 2010 nicht zum Weizen gehören.
Fazit 2: Meistens sind die Pfeifen an der Pfeife zu erkennen.
Fazit 3: Nicht nur Frauen haben keine Ahnung, was Abseits ist.

Ostafrika

New York liegt in Ostafrika! Dies hat nicht etwa mit der Hautfarbe des derzeitigen Präsidenten zu tun, sondern mit unserem Planungssystem, zu dem ich mich letzten Monat (einmal mehr) ausführlich geäussert habe. Weil mir wieder einmal danach war, und im Wissen, dass ich es sowieso nicht bekommen würde, wünschte ich im Juli nur Flüge nach New York. Resultat: Ich fliege ein (one, un, uno) einziges Mal – über GVA – nach New York. Ausserdem gehts nach Mumbai (BOM) ins “crewfressende Hotel“. 48 Stunden Regen sind angesagt, weil dort derzeit Monsun ist (durchschnittliche Niederschlagsmenge im Juli ca. 80cm…!). Zum Ausgleich und trocknen darf ich ins rund 40 Grad warme Muscat (MCT) und dann, meinen Wünschen (nicht wirklich) entsprechend, drei (!!!) Mal nach Ostafrika, nach Nairobi! Wer es schwarz auf weiss sehen will, der kann meinen neuen Einsatzplan für den Juli am gewohnten Ort (> HIER <) downloaden.

Transafrica.ch

Da in Afrika nur wenig so ist, wie es scheint oder sein müsste, ist fliegen in Afrika immer “spannender” als anderswo. Man muss immer mit allem rechnen und für mehrere Varianten bereit sein. Das gilt schon bei einem gewöhnlichen Linienflug an (verhältnismässig) gut funktionierende Flughäfen. Was wohl rauskommt, wenn man in einem Kleinflugzeug auf eigene Faust in Afrika fliegt?

Drei Freunde. Eine Idee. Ein Jahr Vorbereitung. Ein Flugzeug. Ein Kontinent. Sechs Wochen unterwegs.

transafrica.ch

Afrika in einem einmotorigen Kleinflugzeug durchqueren! Wie so vieles wurde auch diese Idee bei einem Bier geboren. Wenn sich nun drei Kollegen zusammentun, um mit einem Kleinflugzeug Afrika zu durchqueren bzw. zu umrunden, ist das ein nicht alltägliches Abenteuer, das geplant werden muss. In diesem Fall dauerte die Planung ein Jahr! Selbst wer schon einmal in Afrika war, kann nur erahnen, auf welche möglichen (und unmöglichen) Probleme man bei der Planung eines solchen Vorhabens stösst. Tom Hartmann, mein Fluglehrer der ersten Stunde in der Swissair Aviation School, hat das Abenteuer mit zwei Freunden gewagt. Auf ihrem Blog Transafrica.ch haben sie Tagebuch über ihre Reise und Erlebnisse geführt. Neben vielen spannenden Beiträgen sind auch zahlreiche Fotos zu sehen.  Dass die Abenteurer inzwischen bereits wieder (sicher und gesund) in der Schweiz zurück sind, ändert nichts daran, wie spannend ihre Erlebnisberichte sind. Daher empfehle ich jedem Reise- und Flugbegeisterten einen Besuch auf Transafrica.ch, es lohnt sich!

Be the first to like.

Posted in impressions, in the air | 4 Comments »

Abschied und Ausblick

February 1st, 2010 by G!

Abschied

Vor nunmehr schon zwei Monaten veröffentlichte Swiss eine weitere positive Meldung: San Francisco wird ab Juni sechs Mal pro Woche angeflogen und im Sommerflugplan weitere Strecken werden ausgebaut. Damit werden die temporär geparkten Langstreckenflugzeuge wieder in Betrieb genommen. Nun, die Flugzeugkapazität war noch nie das Problem bei Swiss, sondern die Personalkapazität. Nicht erst seit meiner Rückkehr zu Swiss im Frühling 2007 herrscht bei den Airbuspiloten stets ein (zT. massiver) Unterbestand. Das bedeutet, dass irgendwo Flüge gestrichen werden müssen, um das Personal für die neuen Strecken zur Verfügung zu haben. In diesem Fall, indem die Verbindung nach Riyadh (RUH) und Jeddah (JED) aufgegeben und nur noch im Codeshare mit Lufthansa (über Frankfurt) angeboten wird. Damit fällt auf dem Airbus 330 Streckennetz ein Nightstop weg. Ich war bisher fünf Mal Gast im Königreich Saudi Arabien und durfte letzte Woche noch einmal und zum letzten Mal das Rote Meer und Saudi Champagne geniessen. Das gehört ebenfalls zum Fliegerleben dazu: Strecken werden eröffnet und aufgegeben, Nightstops kommen hinzu (Airbus 340: San Francisco; Airbus 320: Barcelona) und fallen weg. Aber es gibt ja noch andere Sonnendestinationen auf dem Airbus 330-Streckennetz…

Ausblick

…womit wir beim neuen Einsatzplan wären, der wie immer hier heruntergeladen werden kann.

Ich darf, endlich wieder einmal,  zwei Tage Airbus 320 fliegen. Nachdem ich im Januar zwei Tage im Airbus 330-Simulator verbringen durfte musste, geht es auch im Februar mit lizenzrelevanten must-Kursen weiter: zwei Tage CRM-Kurs stehen auf dem Programm. Was das bedeutet, kann hier nachgelesen werden. Mit dem Airbus 330 gehts wieder in wärmere Gebiete: einmal nach Bombay Mumbai (BOM/VABB) und je zwei Mal nach Dar es Salaam (DAR/HTDA) und Nairobi (NBO/HKJK).

Be the first to like.

Posted in in the air | 5 Comments »

« Previous Entries