Blogsearch

Egosurf

qrcode

Sleepless

March 30th, 2011 by G!

Die schrecklichen Ereignisse in Japan haben nicht nur politisch schwachsinnige Konsequenzen (Kollege Skypointer hat dazu alles gesagt, was gesagt werden muss), sondern auch meinen Einsatzplan leicht verändert: statt Sushi in NRT hiess es Standby in ZRH. Das Telefon blieb stumm, ich zuhause. Zeit für Privates. Angesichts der Lage in NRT konnte ich gut damit leben, in ZRH zu bleiben. Dies umso mehr, da mein Körper so etwas mehr Chancen hat, sich zu erholen. Nach drei Flügen an die USA-Ostküste wäre der Flug nach NRT ein körperlicher Horrortrip geworden. Allerdings geht es mir jetzt nicht wirklich viel besser, denn meine fliegerische USA-Westküstenpremiere mit einem Aufenthalt in LAX liegt hinter mir (unvergessliche Eindrücke unseres Rückfluges mit einem eher seltenen Routing folgen).  Die grosse Zeitverschiebung hinterlässt nach der Rückkehr tiefe Spuren: stundenlanges wachliegen, wenn man in unseren Breitengraden gewöhnlich tief und fest schläft und einschlafen, wenn die ersten Nachbarn aufstehen. Wenn der Wecker schliesslich nach wenigen Stunden Schlaf – irgendwie muss ich ja wieder in den richtigen Rhythmus kommen – klingelt, muss ich zuerst den gefühlten A380 von meinem Körper wegstemmen um irgendwie den Weg zum Kaffee zu finden. So vergehen die vorgesehenen Freitage wie im Fluge. Aber man gewöhnt sich an alles. Sagt “man” und hoffe ich.

Ich muss es, denn im April (der Plan ist hier downloadbar) geht es wieder in dieselbe Richtung: mit Sao Paulo und San Francisco stehen zwei Premieren an, auf die ich mich wirklich freue. Dazu kommt noch ein weiterer SFO und die wohlverdienten Ferien. Dazwischen dürfte die eine oder andere Informationsveranstaltung der Aeropers kommen, denn bekanntlich hat die Aeropers die GAV-Verhandlungen abgebrochen und die Kantonale Einigungsstelle eingeschaltet.

6 people like this post.

Posted in in the air | 1 Comment »

Übergewicht Teil I (Technik)

March 19th, 2011 by G!

… haben nicht nur indische (und andere…) Flight Attendants, wie hier von offizieller Seite zu lesen ist, sondern sehr oft auch Flugzeuge. Von sogenanntem “overweight” spricht man, wenn das aktuelle Gewicht des Flugzeuges über dem maximalen Landegewicht ist. Die für Piloten zentralen Gewichte habe ich in diesem Beitrag beschrieben:

Zero Fuel Weight (auf deutsch treffend aber unschön “Leertankgewicht”)
Das ist das Gewicht des für den Flug bereiten Flugzeuges mit Passagieren (und deren Gepäck), Fracht, Catering, Serviertrolleys, Wasser, Besatzung (inkl. Gepäck), aber ohne Treibstoff.

Take Off Weight (“Startgewicht”)
Wie der Name schon sagt, das Gewicht des Flugzeuges beim Start. Es ist das Zero Fuel Weight plus Treibstoffgewicht minus dem beim Rollen verbrannten Treibstoff (Taxi-Fuel).

Landing Weight (“Landegewicht”)
Das Gewicht des Flugzeuges bei der Landung. Das Landegewicht ergibt sich aus dem Take Off Weight minus dem seit dem Tanken verbrauchten Treibstoff (für Hilfstriebwerk, Triebwerkstart, Rollen, Flug).

Im erwähnten Beitrag habe ich die Werte für einen Swiss A321 aufgeführt. Bei einem Swiss A340-300 (A330-300) sind diese noch einmal um einiges grösser: 181 (175) Tonnen Maximum Zero Fuel Weight, 275 (233) Tonnen Maximum Take Off Weight und 192 (187) Tonnen Maximum Landing Weight.

Bei Langstreckenflügen hat man sehr oft während eines grossen Teils des Fluges “overweight”. Was geschieht nun, wenn man “overweight” hat und wegen eines Notfalls landen muss? Es gibt zwei Möglichkeiten:

1. Treibstoff ablassen (“Fuel Dumping”):

Einige Flugzeuge haben eine technische Vorrichtung, welche das Ablassen von Treibstoff im Flug ermöglicht. So kann das aktuelle Gewicht für die bevorstehende Landung reduziert werden. Über eine solche Vorrichtung verfügt beispielsweise der Swiss Airbus 340-300 oder der A380. Abgelassen wird der Treibstoff über spezielle Ventile/Rohre am Flügel, wie auf diesem Foto von einem A340-300 zu sehen ist.

Auf jeder Seite ist ein solches Auslassventil vorhanden. Diese Öffnungen zerstäuben den Treibstoff, damit dieser “nicht” bzw. nicht in flüssiger Form auf dem Boden ankommt. Auf diesem Weg kann rund eine Tonne Treibstoff pro Minute (!) abgelassen werden. Wenn man die oben genannten Gewichte betrachtet, sieht man schnell, dass selbst diese hohe Zahl bei einem möglichen Startgewicht, das mehr als 80 Tonnen über dem maximalen Landegewicht liegt, zu relativieren ist. Darum ist auch bei einem Airbus 340-300 das nachfolgende Verfahren eine Möglichkeit, die zur Verfügung steht.

2. Overweight Landing

Wenn man aus Zeitgründen nicht genug Treibstoff ablassen kann, um das Maximum Landingweight zu erreichen, muss eine sogenannte “Overweight Landing” gemacht werden. Das ist auch der Fall, wenn ein Flugzeug überhaupt keine Ablass-/Dumpingvorrichtung hat. Bei Swiss können sowohl A319/320/321, als auch die A330-200/-300 keinen Treibstoff ablassen. Das ist aber nicht weiter problematisch, denn diese Flugzeuge können bis zum Maximum Take Off Weight landen. Dafür muss ein sogenanntes “Overweight Landing Procedure” durchgeführt werden.

Ein Hinweis: Ich schreibe von “Swiss” Airbus …, weil diese Angaben für unsere Flugzeuge gelten. Flugzeuge können von den Betreibergesellschaften mit einer Vielzahl Optionen in verschiedenen Varianten bestellt werden. Darum können technische Einrichtungen je nach Airline verschieden oder gar nicht vorhanden sein. Da mir oftmals nicht einmal bekannt ist, welche Optionen überhaupt möglich sind, muss ich mich (in diesen Fällen) auf Angaben zu unseren Flugzeugen beschränken. Ein Beispiel: Der Swiss Airbus 319 hat einen “overwing exit” (Notausstieg über dem Flügel), während zB. (z.T.) Germanwings und easyjet zwei (wie die Swiss A320) haben!

Soviel zur Technik. Im zweiten Teil “Übergewicht” werde ich operationelle Aspekte dieser Problematik besprechen. Hier gehts zum zweiten Teil.


14 people like this post.

Posted in in the air, master warning, technique matters | 4 Comments »

Riskmanagement

March 15th, 2011 by G!

22. April 2001

Dreizehn tschetschenische Geiselnehmer halten zwölf Stunden lang 120 Leute im Swissotel in Istanbul als Geiseln in ihrer Gewalt, darunter eine Swissair-Crew. Die Geiselnahme wurde unblutig beendet.

7. Juli 2005

Vier Bomben explodieren in verschiedenen U-Bahnlinien und einem Bus in London. 56 Menschen sterben.

26. November 2008

In Mumbai (bis 1995 Bombay) kam es zu einer Serie blutiger Anschläge in deren Folge über hundert Menschen den Tod fanden. Zwei Hotels wurden von den Terroristen besetzt und Gäste, darunter eine Airline-Crew, als Geiseln genommen.

Dezember 2008

Innert kurzer Zeit gab es in Athen mehrere Generalstreiks. Andere, kleinere Streiks – von einem habe ich  berichtet – zogen nur den Flughafen Athen in Mitleidenschaft. Seit dem 7. Dezember 2008 gab es in der Innenstadt von Athen und anderen griechischen Städten wie Thessaloniki schwere Kravalle und gewalttätige Zusammenstösse zwischen der Polizei und Demonstranten. Ein 15-jähriger Junge starb, Banken, Geschäfte und Autos wurden verwüstet, geplündert und in Brand gesteckt. Die Aufstände dauerten mehrere Monate.

Am 16. Dezember 2008 wurden in einem Kaufhaus in Paris fünf Bomben ohne Zünder entdeckt. An diesem morgen wachte ich Paris auf – in sicherer Distanz vom Geschehen.

29. März 2010

Zwei Sprengsätze explodieren in Stationen der U-Bahn von Moskau. 40 Menschen sterben.

Januar/Februar 2011

In Kairo kommt es im Zuge diverser Aufstände in Nordafrika zu blutigen Unruhen. In dieser Zeit fliege ich dreimal CAI an.

März 2011

In Japan kommt es zum grössten Erdbeben der japanischen Geschichte. Ein Tsunami bildet sich und reisst ganze Städte mit sich. Reaktoren werden beschädigt, die Situation bleibt im Hinblick auf mögliche Verstrahlungen unklar und kritisch. Seither bebt die Erde in der Region Japans täglich mehrmals. Die sich in Tokio befindenden Swiss Crews konnten unbeschadet in die Heimat zurückkehren. In der Zwischenzeit fliegt Swiss NRT (noch) im Turnaround (die Crew verlässt das Flugzeug nicht) ab HKG an. Mein Flug nach Tokio Narita wird abgesagt, ich bekomme Standby-Dienst zugewiesen. Soeben wurde eine nukleare Warnung für mehrere Flugräume erlassen. …

Immer

Eine kleine und sehr unvollständige Auswahl. In den genannten Beispielen waren Orte involviert, die Swiss anfliegt und in denen (ausser CAI) wir Nightstops haben. Ich war (damals bei Swissair) mehrmals im Swissotel, fuhr schon diverse Male U-Bahn in London und Moskau, war shoppen in Paris und in der Athener Altstadt. Auch in Mumbai war ich inzwischen mehrmals, in NRT letzten Monat und theoretisch auch ab morgen.

Als Airline-Crew sind wir in den Brennpunkten der Welt unterwegs. Damit verbunden ist auch ein erhöhtes Risiko. Immerhin kamen – auch jüngst in NRT – keine Swiss-Crewmember zu Schaden. Hoffen wir, dass es auch weiterhin so bleibt. Beim nächsten Nightstop werde ich mir die Vorgaben und Empfehlungen unserer Security-Abteilung noch mehr verinnerlichen  …

11 people like this post.

Posted in master warning, off/duty, on the ground | 5 Comments »

« Previous Entries