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Harte Zeiten zum Überleben

August 25th, 2008 by G!

Die Fliegerei fliegt mit rasender Geschwindigkeit in eine der wahrscheinlich schlimmsten Krisen überhaupt.  Öl, das Blut der Fliegerei, ist so teuer wie noch nie. Die Kosten der Airlines steigen in astronomische Höhen. Obwohl die Preise für Flüge seit Jahren auf einem lächerlich und unrealistisch tiefen Niveau sind, bleiben die Preise (noch) tief. Enormer wirtschaftlicher Druck, eine sich ankündigende Wirtschaftskrise und steigende Kosten auf der einen Seite, verbunden mit (viel zu) tiefen Produktpreisen auf der anderen Seite führen unweigerlich zur Frage der Airlines, WIE Geld gespart werden kann, damit überhaupt noch welches verdient werden kann. Eine berechtigte und für die Gesellschaften eine überlebenswichtige Frage.

So hart wie es klingen mag, aber um’s Überleben gehts in der fliegerischen Operation tagtäglich. Für Flugzeugcrews – Cockpit und (!) Kabine – ist das Geschäft mit dem (Über)Leben daily business (siehe AviationSafetyNetwork):

20. August 2008 Madrid-Barajas (MAD, Spanien): eine MD-82 der Spanair stürzt nach dem Start auf der Piste 36L ab. Von 172 Menschen an Bord sterben 154.

23. August 2008 Barranquilla-Ernesto Cortissoz  (BAQ, Kolumbien): bei der Landung einer de Havilland Canada (“Dash”) DHC-8 der AIRES Colombia kollabiert das Fahrwerk. Von 25 Menschen an Bord sterben 0.

24. August 2008 Bishkek-Manas International (FRU, Kirgistan): Eine Boeing 737-219 der Itek Air stürzt nach dem Start ab. Von 90 Menschen an Bord sterben 68.

24. August 2008 Nähe Cabañas (Zacapa, Guatemala): Eine Cessna 208 Caravan I von Aéreo Ruta Maya stürzt im Reiseflug ab. von 14 Menschen an Bord sterben 10.

Innert 4 Tagen starben nach bisherigen Informationen 232 Menschen.

Auch Swiss hatte am 23. August einen nicht alltäglichen Zwischenfall: Eine Bombendrohung auf dem Flug LX2114 von Zürich nach Malaga führte dazu, dass die Crew beschloss, nach nach Genf auszuweichen, wo die 142 Passagiere auf der Piste aus dem Airbus A320 über die Notrutschen evakuiert wurden. Zu grösseren Verletzungen kam es bei den 148 Menschen (inkl. 6 Crewmitglieder) nicht. Wenn mich jemand vor drei Tagen gefragt hätte, bei welchen Airlines und Destinationen ich eine Bombendrohung für möglich halten würde, hätte ich problemlos einige aufzählen können…weder Swiss noch Malaga wären vorne dabei gewesen.

Ich bin mir bewusst, dass ich mich wiederhole. Die Gefahr eines Zwischenfalls ist sehr gering. Wenn es aber dazu kommt, ist die Gefahr für Menschenleben umso grösser. Das zeigen die obigen Zahlen. Wenn es zu einem Zwischenfall kommt, sind die Menschenleben in den Händen der Crew. Mit der Crew-Selektion und Ausbildung steht und fällt die Sicherheit an Bord. Dies gilt nicht nur bei den Piloten, sondern auch bei der Cabin Crew: Die Hauptaufgabe der Cabin Crew ist – entgegen der Auffassung der meisten Passagiere – NICHT, die Passagiere zu bewirten, hübsch auszusehen (was natürlich angenehm ist ;-)) und freundlich zu lächeln. Es ist ein Bonus, wenn es so ist, es ist aber letzten Endes nebensächlich. Aufgabe der Cabin Crew ist die Sicherheit der Passagiere zu gewährleisten. Beim Swiss Flug LX2114 kam es zu einer Evakuation (meines Wissens zur Ersten von Swiss), bei der es in der Verantwortung der Cabin Crew Members liegt, das Flugzeug so schnell wie möglich über die Notrutschen zu evakuieren und die Passagiere in Sicherheit zu bringen. Dies gelang in kurzer Zeit und zudem waren offensichtlich keine grösseren Verletzungen zu beklagen. Menschen in Sicherheit, Aufgabe erfüllt: ein grosses Lob an die Kabinenbesatzung von LX2114!

Fakt ist: Durch die lächerlich tiefen Flugpreise ist fliegen zu etwas alltäglichem geworden. Dies, und das – immer noch – sehr geringe Risiko eines Zwischenfalls hat dazu geführt, dass man als Passagier das zentrale Thema in der Fliegerei aus den Augen verliert: SICHERHEIT. Dafür ist die Crew verantwortlich. Damit sie garantiert werden kann, müssen die Crewmembers selektioniert und ausgebildet werden. Das kostet enorme Summen. Investierte Summen, die sich (glücklicherweise) nur in den wenigsten Fällen bemerkbar machen. Dann aber in der Währung Menschenleben.

Deshalb darf auch in harten Zeiten, wie wir sie auf uns zukommen, bei der Ausbildung und Sicherheit nicht gespart werden. Umgekehrt sollten sich Passagiere fragen, ob es sinnvoll und realistisch ist, für einen lächerlichen Preis von A nach B zu fliegen… Passagiere, deren grösstes Problem auf einem 120 minütigem Flug das “ungeniessbare Essen” oder die 15 minütige Verspätung ist, sollten sich fragen, ob sie das Wesentliche nicht aus den Augen verloren haben. Dies umso mehr, wenn sie für den Flug nur wenig mehr bezahlten, als ein Bahnticket zweiter Klasse (notabene ohne Essen) durch die Schweiz kosten würde…

Ich wiederhole mich (und werde es immer wieder tun): Leider ist Sicherheit nicht sichtbar … oder nur, wenn sie fehlt…

PS: Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass im evakuierten Swiss Airbus A320 keine Bombe gefunden worden ist und dass die Person, welche die Drohung gemacht hatte, festgenommen wurde.

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Winglet über…

August 19th, 2008 by G!

dem “Sissi” Schloss Schönbrunn und Wien [Grossansichten: Bilder anklicken]

Sissi Schloss Schönbrunn und Wien

dem Mont Blanc

Mont Blanc

dem Vulkan Ätna

Ätna

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Dreifach eingeklemmt

August 14th, 2008 by G!

Bei der Flugplanung gilt es, das Wetter und den operationellen Status der Flughäfen und des Flugzeuges zu beurteilen und gestützt darauf die Entscheidung zu treffen, wieviel Treibstoff für den Flug getankt werden soll. Wenn dies entschieden wurde, muss am Ende noch überprüft werden, ob dies gewichtsmässig überhaupt möglich ist, denn bei der Flugplanung gibt es drei “zentrale” Gewichte:

Zero Fuel Weight (auf deutsch treffend aber unschön “Leertankgewicht”)
Das ist das Gewicht des für den Flug bereiten Flugzeuges mit Passagieren (und deren Gepäck), Fracht, Catering, Serviertrolleys, Wasser, Besatzung (inkl. Gepäck), aber ohne Treibstoff.

Take Off Weight (“Startgewicht”)
Wie der Name schon sagt, das Gewicht des Flugzeuges beim Start. Es ist das Zero Fuel Weight plus Treibstoffgewicht minus dem beim Rollen verbrannten Treibstoff (Taxi-Fuel).

Landing Weight (“Landegewicht”)
Das Gewicht des Flugzeuges bei der Landung. Das Landegewicht ergibt sich aus dem Take Off Weight minus dem seit dem Tanken verbrauchten Treibstoff (für Hilfstriebwerk, Triebwerkstart, Rollen, Flug).

Für jeden Flugzeugtyp sind für diese Gewichte – je nach Ausstattung – maximale Werte definiert. Bei den von Swiss operierten Airbus 321 betragen sie zum Beispiel 71 Tonnen (Zero Fuel Weight), 83 Tonnen (Take Off Weight) und 75 Tonnen (Landing Weight). Bei meinem letzten Flug von Istanbul nach Zürich waren wir grad bei allen drei Limiten “eingeklemmt”:

Der Load Controller (“Red Cap”, zuständig für die Beladung des Flugzeuges und die Einhaltung der Beladungsvorschriften des Gesetzgebers, Flugzeugherstellers und der Airline) meldete uns einen “vollen” Flieger mit 201 Passagieren! Das führte dazu, dass das Zero Fuel Weight am Limit von 71 Tonnen anstand. Wenn auf diesem Flug also noch (mehr) Fracht hätte befördert werden sollen, konnten wir sie nicht mitnehmen. Aufgrund des schlechten Wetters auf der Route und in Zürich mussten wir dementsprechend viel (Reserve-) Treibstoff mitnehmen: 12200 Kilogramm! Da wir rechneten, beim Rollen 200 kg zu verbrennen, betrug das voraussichtliche Take Off Weight 83 Tonnen. Auch hier am maximal möglichen. Bei der Überprüfung des Landegewichts geht man – um vor Überraschungen sicher zu sein – vom gewichtsmässig schlechtesten Fall aus. Nämlich davon, dass man nur das gerechnete Minimum an Treibstoff verbraucht (also zB. ohne den Treibstoff für das Umfliegen von Gewitterwolken). Unsere so durchgeführte Rechnung ergab, dass wir nur gerade 100 Kilogramm unter dem Limit für das maximale Landegewicht waren. Eingeklemmt zum Dritten!

Bei der Landung auf der Piste 16 (Dank an die Controller[in]!) war das Landegewicht – wie erwartet – aber kein Problem, da wir Gewitter ausweichen mussten und zudem im Anflug noch einige 100 Kilogramm mehr verbrauchten.

… aus der Klemme befreit…

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