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Schubladen + Velofahren = Kapazität

April 15th, 2007 by G!

Wikipedia schlägt für den Suchbegriff "Kapazität" gleich mehrere Definitionen vor. So kann der Begriff z.B. die "maximale Leistungsfähigkeit einer Verkehrsanlage", die "Produktionsleistung oder Gesamtheit der Produktionsstätten" oder das "Daten-Fassungsvermögen einer Speicher-Hardware" gemeint sein. Gemeinsam ist diesen Definitionen, dass es um die Leistungsfähigkeit geht.

Nun, nachdem meine erste Rotation (darunter werden sämtliche Flugeinsätze zwischen Freitagen an der Homebase verstanden) ohne Ausblildungs-First Officer inzwischen schon wieder vorbei ist, musste ich mit erstaunen feststellen, dass sie alle Recht hatten: unser Flottenchef, die verschiedenen Ausbilder und die Kollegen, die längere Zeit (allerdings nicht so lange wie ich) "gegroundet" waren. Immer wieder hatte ich den allseits bekannten "Velofahren-Vergleich" (für deutsche Leser: Fahrradfahren ;-)) gehört und etwas betreffend "Wissen in Schubladen", die "nur geöffnet" oder "gefunden" werden müssten. Selbstverständlich war ich (und meine Kollegen, die mit mir im Umschulungskurs waren) sehr kritisch, wenn solche Aussagen von jemandem gemacht werden, der zehn, zwanzig oder noch mehr Jahre ohne Unterbruch in der Fliegerei tätig ist. Aber: es stimmt, sehr vieles der Grundausbildung vor einigen Jahren ist irgendwo noch vorhanden und kommt – zu meiner Beruhigung – z.T. sehr schnell wieder an die Oberfläche, wo es gebraucht wird. Obwohl inzwischen einiges geändert hat und man tatsächlich auch nicht jünger wird, hilft einem das solide Erlernte in einer solchen Situation unglaublich viel. Das spricht für die Grundausbildung.

Langer Rede kurzer Sinn: Auch wenn ich – selbstredend – noch an vielem "feilen" und "arbeiten" muss, geht es unglaublich schnell vorwärts, ich habe mehr und mehr Kapazität und sogar bei sehr kurzen Flügen wie z.B. nach Mailand bleibt Zeit für ein Bild der sagenhaften Alpenkulisse zu machen (das war mir bei meinem (Wieder-)Erstflug der doppelt so lange dauerte verwehrt…).

Da das Blog nicht umsonst Window in the Skies heisst, einige wenige Eindrücke der vergangenen, sehr schönen Rotation:

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Der (erwartete) AHA-Effekt!

April 8th, 2007 by G!

Die ersten zwei Einsatztage meiner “Fliegerkarriere II” sind vorüber: Schöne Destinationen, gutes Wetter, unterschiedliche Bedingungen zum Landen und eine grossartige Crew (Cockpit und Kabine) mit der das Teamwork eine Freude war!

Ziemlich erschöpft (zweimal um wenig nach 4 Uhr Tagwache), voller (durchwegs positiver) Eindrücke und nicht zu vergessen voller Gedanken, was ich beim nächsten Flug anders und vor allem besser machen werde, freue ich mich, dass der Einstieg gut gelaufen ist.

Obwohl ich meinen “ersten” Erstflug bekanntlich vor nunmehr etwas über 6 Jahren hatte, war die Erinnerung daran noch frisch genug um zu wissen, was mich gestern Morgen im Flug nach Berlin Tegel noch in Zürich am Boden in etwa erwarten würde: Chaos. Und was mir fehlen würde: Zeit. Tatsächlich, da war er wieder … ein alter Bekannter … der AHA-Effekt des “neuen” Copiloten. Dazu aber später.

In der Ausbildung vor dem Streckeneinsatz geht es vereinfacht gesagt darum, die technischen Systeme zu begreifen und nahezu alle möglichen technischen Probleme behandeln zu können. Dies ohne dass die Hauptaufgabe des Piloten – das Flugzeug sicher zu fliegen – in Gefahr ist. Dazu ist der Simulator geschaffen. Ausser dem Funk und der technischen Vorbereitung des Flugzeugs am Boden (Checklistwork mit Cockpit Preparation) werden die operationellen Tätigkeiten der Piloten am Boden (bewusst) nicht in das Simulatortraining miteinbezogen. Das führt dazu, dass man als “neuer” Copi im Cockpit vor dem Flug am Boden, regelrecht im Papier versinkt. Zur Illustration: neben gut und gerne 15-20 A4-Seiten (Wetter, Flugplan usw.) kommen je nach Flugplatz nochmal ca. 20-60 (!) A5-Seiten (Infos über den Flugplatz, Anflüge usw.) dazu. Letzteres je einmal für den Abflug- und einmal für den Ankunftsort. Zudem hat man – wie zu erwarten ist – noch diverse andere Aufgaben als das Papier zu organisieren, weshalb das Papier nicht zuviel Zeit in Anspruch nehmen darf. Oder sollte. Man muss die technischen Systeme prüfen und einstellen, das FMS (Flight Management System, unser “Navigationscomputer”) programmieren, sich Gedanken zum Abflugverfahren machen und und und. Am Anfang absorbiert einem jede Kleinigkeit über die man (z.T. nur wenig) später genüsslich schmunzeln kann. Beispielsweise muss man wissen, wann wer auf welcher Frequenz gerufen und welche Angaben gemacht werden müssen (selbstverständlich ist das auf jedem Flugplatz anders). Solche Dinge müssen anfänglich mühsam in den Papieren nachgeschlagen werden, sogar auf der Homebase ZRH. Mit zunehmender Routine erübrigt sich das natürlich…

Da war ich also vollkommen in meinen Aufgaben vertieft und nahm dankbar einige “leerlaufverhindernde” Tipps vom Ausblildungs-First Officer (ein First Officer mit Zusatzausbildung, der mich unterstützen soll und zugleich als Sicherheitspilot fungiert) an. Irgendwann kam der (lang ersehnte) Zeitpunkt, an dem ich alles vorbereitet hatte und ich mir dachte, dass jetzt nur noch die Passagiere fehlen würden, bevor es “richtig los gehen” könne. AHA, von wegen “die Passagiere könnten kommen“…der M/C (Maître de Cabine) hatte dem Captain schon einige Minuten vorher die Meldung gemacht, dass das “Boarding completed” sei. AHA, von alledem nichts mitbekommen – weder vom Boarding, noch von der Meldung!

Gut ging es nur wenig später in die Luft, denn Fliegen habe ich ja gelernt… 🙂

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Willkommen an Bord!

April 1st, 2007 by G!

Nachdem das Hauptgerüst der Seite schon seit längerem steht, wird es Zeit, dass ich einen kleinen Zwischenbericht veröffentliche und damit quasi airbuspilot.ch “offiziell” eröffne.

Inzwischen habe ich nach zahlreichen sehr schweisstreibenden Tages- und Nachtstunden im Simulator (die Simulatoren laufen 24/7 durchgehend) und hinter Bergen von Manuals, Guides und Checklisten, gestern meinen sogenannten “Skilltest” im Airbus 321 Simulator absolviert und bestanden.

[inspic=17,left,fullscreen,250] Der Simulator ist eine 1:1 Nachbildung des Cockpits und ermöglicht den Piloten sämtliche möglichen (und unmöglichen ;-)) Failures und Situationen zu trainieren. Das Verhalten des Simulators ist sehr realistisch und man hat als Pilot nie das Gefühl, dass man ja “nur im Simulator” sitzt. Der Instruktor (Instuktoren sind aktive Piloten mit langjähriger Flugerfahrung und einer Zusatzausbildung) hat über ein Bedienungspanel die Möglichkeit, jederzeit einen beliebigen Fehler einzuspielen. Von Engine Failures über Hydraulik-, Pneumatik und Elektrikprobleme, über Bremsversagen bis hin (zur grössten Gefahr im Fliegen) zu Rauch im Cockpit kann und wird jede erdenkliche Situation geübt, sogar das Verhalten beim Ausfall beider Triebwerke. Daher versteht es sich von selbst, dass der Stresspegel bei solchen Ausbildungssessions sehr hoch ist, da es nur ruhige Flugminuten gibt, wenn der Simulator streikt…

Bleibt – nicht zuletzt zur Beruhigung der Leser zu erwähnen – dass im operationellen Betrieb bekanntlich nur sehr wenig (grössere) Probleme auftauchen. Umso wichtiger ist es, dass die Piloten jederzeit auf Probleme reagieren können, denn gerade wenn z. B. Feuer und Rauch im Spiel sind, ist die verbleibende Zeit zum Handeln äusserst beschränkt.

Der erwähnte Skilltest ist nichts anderes als der offizielle Check, der nötig ist um die Lizenz zum Fliegen eines Flugzeuges (egal welcher Grösse oder welchen Typs) – in meinem Fall die Flugzeuge der Airbus Familie 320 (Airbus 319, 320 und 321) – zu erhalten. Die Vorgaben, welche erfüllt werden müssen, werden vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) vorgegeben. In den über zwei Stunden des Checkfluges werden zahlreiche Anflüge bei unterschiedlichen Wetterbedingungen (inkl. dem sogenannten “Autoland” bei dichtem Nebel, bei welchem der Autopilot landet), mit verschiedenen technischen Fehlern unter der Verwendung von verschiedenen Anflugshilfen durchgeführt.

Natürlich ist auch schon mein erster Einsatzplan abrufbar, da es nicht mehr lange dauert, bis es wieder in die Luft geht. Davor gibt es aber noch eine zweitägige Ausbildung in Sachen CRM (Crew Resource Management = Kommunikation und Teamverhalten/-arbeit), da dieses Gebiet für Piloten absolut (über)lebensnotwendig ist.

In nächster Zeit dürfte es wieder etwas ruhiger werden, denn schliesslich ist meine Ausbildung noch nicht abgeschlossen, sondern geht mit den bald kommenden (wieder) ersten Flügen nur auf die nächste Stufe.

Bis bald…

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