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You guys sit down there / Ausblick Mai

May 4th, 2010 by G!

Rückblick

Den April schloss ich mit einem mit einem Flug an meine Lieblingsdestination New York JFK ab.  Laut der Wettervorhersage mussten wir mit einem etwas böigen Anflug rechnen. Da der Wind jedoch aus Pistenrichtung vorhergesagt wurde, kein grosses Thema. Für den regelmässigen Leser keine Überraschung: JFK wäre aber nicht JFK, wenn es nicht anders als geplant kommt. Der erste New Yorker Controller schickt uns nach der Begrüssung auf direktem Weg ins Holding. Grund: mehrere Flugzeuge mussten wegen einer “Windshear”-Warnung durchstarten. Zunächst hiess es für uns Eventualplanung: Wie lange können wir im Holding bleiben, damit wir mit genügend Treibstoffreserven anfliegen können? Welche Flughäfen in der Region können wir anfliegen? Welches Wetter erwartet uns dort? Usw. Danach besprachen wir aus aktuellem Anlass nochmal die möglichen Windshear-Warnungen und deren Konsequenzen. Kaum war alles besprochen, erhalten wir Radarvectors (“Radar-Richtungsanweisungen”) für einen Auflug auf Piste 22L. Nun, der starke Wind kam aber aus 310 Grad und damit wäre Piste 31R mit Headwind optimal und nicht 22L mit vollem Crosswind…

Während wir endlich in die Richtung des Flughafens drehen dürfen,der nächste Durchstart: der Seitenwind ist mit 33 Knoten grösser als die Seitenwindlimite des Flugzeuges. Ausserdem hat es Böen und Windshears im Endanflug. Danach beschwert sich einer der durchgestarteten Piloten bei dem Controller, warum sie nicht Piste 31R benutzen würden und er fügt an: “You guys sit down there, we must fly!” Er hat zwar Recht, das interessiert den Controller aber nicht, denn er gibt ihm die geforderte Telefonnummer, die der Pilot zum Beschweren wollte, nicht. Dafür hat er auch keine Zeit, schliesslich ist genug Heavy Metal – unter anderem unseren Airbus 330-300 – in der Luft. Wir erfahren über Funk, dass die Piste (endlich) gewechselt wird. Aber – wen überrascht es – erst nach unserem Anflug.

Mich – als Pilot Flying –  “rettet” nichts mehr, es sieht alles nach einer Premiere aus: noch nie hatte ich bei einer Landung mit dem Airbus 330 soviel Seitenwind! Unsere Nase zeigt denn auch mehr Richtung Central Park anstatt zur Piste, als wir im Final (“Endanflug” = die letzten Kilometer vor der Piste) sind. Der Wind schüttelt unseren Airbus 330-300 wie ein Laubblatt! In der Kabine übergeben sich die ersten Passagiere – von vielen, wie uns die Kabinencrew nachher bestätigt. Meine Augen leisten Höchstarbeit: Blick nach draussen auf die Piste, zum “Aiming-Point” (“Aufsetzpunkt”), nach innen auf die ILS-Informationen und dann wieder nach draussen. Zurück nach drinnen: Geschwindigkeits- und Schubanzeige. Und so weiter. Wir nähern uns der Höhe, wo die anderen eine Windshear-Warnung hatten. Wir sind vollständig konfiguriert und fliegen nur mit Flaps 3 an, damit das Flugzeug wendiger bleibt. Mein erster Anflug mit dieser Klappenstellung. Dadurch wird die Lage des Flugzeuges im Raum anders, weil die Flügelwölbung anders ist. Das führt dazu, dass der optische Eindruck, nachdem wir landen, anders wird. Die Geschwindigkeit sackt zusammen, wir sacken durch, aber nicht soviel, dass es zu einer Warnung kommt – alle Parameter sind im sicheren Bereich, meine Korrektur zeigt Wirkung. Weitere Passagiere füllen ihre Tüten. Ich kämpfe um die Parameter, die abzulaufen drohen. Ich “funktioniere” automatisch, ich habe keine Zeit nachzudenken. Wenig später sind wir über der Piste, nur noch wenige Höhenmeter bis zur Landung: ich reduziere den Schub, ziehe am Sidestick, trete in die linke Pedale um die Nase ein wenig in Pistenrichtung zu bringen und drücke den Sidestick nach rechts um den Flügel hängen zu lassen, sonst driften wir nach links über die Piste. Das alles passiert innerhalb weniger Sekunden in einer 180 Tonnen schweren Metallröhre, die mit 260 km/h, bei einem Seitenwind von über 50km/h mit über 210 Passagieren an Bord gegen den Boden fliegt… Wie war das mit der Multitaskingfähigkeit von Männern? Mit überbezahlten Piloten? Mit Managern, die Verantwortung tragen? Vielleicht sollte der eine oder andere noch einmal darüber nachdenken, nachdem er die Tüte gefüllt hat. Zehn Minuten später sind wir am Gate und mein Kollege hat die beiden Rolls-Royce Triebwerke abgestellt. Welcome to JFK, die rund 28 Stunden in der City of Blinding Lights habe ich mir mit viel Schweiss verdient!

Ausblick

Der Mai-Einsatzplan, der > HIER < heruntergeladen werden kann, ist ein Plan, wie ich ihn seit einem Jahr (und bisher vergeblich) wünsche: Eine grossartige Mischung zwischen Kurz- und Langstrecke. Ich habe 3 Tage Standby/Reserve, 21 Flüge in 11 Tagen mit dem Airbus 320 in Europa, darunter wieder (beim letzten Mal gab’s einen Startabbruch) eine Rotation mit einem “Upgrader” (ein Kollege, der in der Ausbilung zum Captain ist und daher von einem Captain auf dem dritten Sitz begleitet und beurteilt wird. Es wird sein “Final-Check” sein, der letzte Flug vor seiner Beförderung zum Captain. Eine besondere Ehre, als First Officer dabei zu sein!). In Europa werde ich zwei Mal in BCN (endlich – der Nightstop ist relativ neu, ich war noch nie dort!) und je einmal in LHR und GVA schlafen.  Hinzu kommen zwei Langstreckenflüge nach JFK (ich werde zwei gute Bekannte in die Ferien fliegen und hoffe jetzt schon, dass es dann auch ordentlich Wind hat ;-)).

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Posted in in the air | 6 Comments »

6 Responses

  1. TWR Mädel Says:

    Und ich hab immer gedacht nur bei uns in ZRH hätte der Wind wenig Einfluss auf die Landing RWY… Aber weisst du, irgend einer meckert meistens, egal wie wir es machen. Dafür geben wir uns viel Mühe um wenigstens ein bisschen nett mit euch zu sein…

    Gruss TWR Mädel

  2. skypointer Says:

    Nach dieser Leistung hast Du Dir die 70 Millionen Bonus verdient… 😉

  3. nff Says:

    70 Millionen? Spinsch?

    Die Kiste ist fuer 1.4. Milliarden versichert

    Ergo: 140 Millionen!

  4. G! Says:

    @TWR Mädel
    Ja, in ZRH ist mir das auch schon aufgefallen 😉 Aber immerhin weiss man, wer hauptsächlich daran Schuld ist (und dass ihr es nicht seid…). Aber net seid ihr auf jeden Fall (und guet au no :-)) Gruess em Sigi!

    @skypointer
    Nur 70? … JW-Punkte? 🙂

    @nff
    Deal! Ich würde euch beiden ja mit dem Bonus auf einen Drink einladen. Aber da ihr weiter und länger fliegt, kriegt ihr sicher das Doppelte, oder etwa nicht?

  5. TWR Mädel Says:

    Danke für die Blumen 😉 Ich werds ausrichten.

  6. Window In The Skies » Blog Archive » What a month! Says:

    […] und siehe da: der Wind kommt vom See, aber mit 10 Knoten und Böenspitzen bis 20 Knoten. Die Geschichte zeigt, dass unter diesen Umständen ein VOR Anflug auf die Piste 22L mit Seitenwind die Wahl der […]

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